Meriansche Säge

Die Meriansche Säge an der Ecke Untere Rheingasse und Sägergässlein auf dem Löffelplan.

An den drei Armen des Kleinbasler Teichs zwischen Rebgasse und Rhein befand sich das Gebiet der Mühlen, die sich das Wasser der Gewerbekanäle nutzbar machten - da gab es die Rotochsenmühle, die Schwarzeselmühle, die Blaueselmühle, die Kleine Mühle, die Sägemühle, die Ortmühle, die Ziegelmühle, die Klingentalmühlen, die Höllenmühlen, die Drachenmühlen, die Kammradmühle und die Rösslimühle. Nur ein einziges fremdes Gewerbe versteckte sich unter all den Mühlen, und zwar eine Säge.

Diese Säge war seit 1329 Eigentum der Dominikanerinnen im Klingental, es ist anzunehmen, dass sie die Säge haben errichten lassen. Nach einigen Handänderungen gelangt die Säge mitsamt Haus im Jahre 1553 in das Eigentum des Sägers und Dielenhändlers Burkhard Merian, eines Enkels des Stammvaters der Basler Merian. Dies war die letzte Handänderung der Säge, die fortan durch Erbfolge in Merianschem Besitz blieb - ein ganz seltenes Beispiel jahrhundertealter Familientradition. Bis 1860 führten die Merians den Sägebetrieb. Auch in der Bekleidung öffentlicher Ämter fand die Meriansche Tatkraft Ausdruck: So besetzten vier Merian die Würde eines Oberstmeisters E. E. Gesellschaft zur Haeren und drei diejenige eines Zunftmeisters zu Spinnwettern.

Die Meriansche Säge an der Unteren Rheingasse 12. Die Inschrift lautet: "Oele und Saege von Amad. Merian". Links im Bild die Ortsmühle. Foto 1899.

Mit dem Tod des ledigen Carl Friedrich im Jahre 1860 erlosch die direkte Erbfolge vom Vater auf den Sohn, und Carl Friedrichs Bruder Amadeus übernahm für einige Jahre die Leitung des Sägereibetriebes. Amadeus Merian (1808-1889), der Erbauer des Café Spitz, des Hotel Drei Könige und des Zunfthauses zu Spinnwettern an der Eisengasse, gedachte in seinen Erinnerungen seines Geburtshauses und seiner vom frühen Tod des Vaters überschatteten Jugendjahre: "Von 1811 an gab es keinen oder wenig Wein mehr, über die Kriegsjahre wurden die Vorräte verbraucht, 1816 und 1817 gab es weder Wein noch Frucht noch Kartoffels war ausserordentlich teuer. Mit der Sägerei wurde auch fast nichts verdient. Neben der Säge hatten wir noch zwei Gipsmahlgänge und in Münchenstein eine eigene Gipsgrube, die durch einen sächsischen Bergmann für uns ausgebeutet wurde. Dieser Artikel ging jeweilen im Frühjahr ordentlich, sonst hätten wir in grösster Not darben müssen. Da es über die zwei Teuerungsjahre keinen Wein gab, so gab es doch in der Schweiz ziemlich Obst, welches Spekulanten zusammenkauften und vermosteten, so hatten wir auf unseren Gipsmühlen einige Zeit Tag und Nacht Obst zu mahlen und dadurch einigen Verdienst."

Der Blick aus dem Sägergässlein vorbei an der Merianschen Säge zur Neuen Mühle am Rhein.

Weiter schilderte Merian den schlechten Zustand der Säge, deren Wasserräder und Grundkännel ausgenützt seien und der Erneuerung bedurften. "Diese Arbeiten wurden 1817 ausgeführt; en neues Wasserrad für die Säge, samt Wasserbau und allem Räderwerk, und ein neues Wasserrad für den Betrieb eines Lederhammers, einer grossen Walkefäse für die Gerber (die 25 Basler Gerbereien seien in hoher Blüte), und der vorhandenen zwei Gipsmühlen. Mit der Säge konnte nun mehr geleistet werden als bisher. Allein der Säger der Stadtsäge, welcher mietefrei war und für den wenigen Bedarf, welchen das Bauamt brauchte, extra bezahlt wurde (…), arbeitete zu so billigen Preisen, dass man neben ihm fast nicht mehr bestehen konnte. Doch kam es mit dem Sägen nach und nach besser. Ein württembergischer Spekulant wagte sich an ein bisher für unmöglich gehaltenes Unternehmen, nämlich an die Abholzung des Pilatus. Wo bisher die schönsten Tannen der Waldungen verfaulten, erbaute er an einer geeigneten Stelle des Berges eine lange hölzerne Rutschbahn bis in den See, auf welcher dann die Holzstämme heruntergelassen und weitergeflösst und an den verschiedenen unterwegs bis Basel gelegenen Sägen geschnitten wurden. Allerdings verakkordierte er das Sägen um einen sehr niedern Preis, allein man hatte voraussichtlich doch für einige Zeit Arbeit, soviel man nur während Tag und Nacht zu leisten vermochte. Von Basel aus wurde dann die Ware durch den Unternehmer nach Holland geflösst."

Auf dieser Zeichnung von Karl Merian aus dem Jahr 1850 sieht man die Meriansche Säge und gegenüber die Häuser Sägergässlein 2 und 4.

Von 1877 bis 1900 betrieb ein letzter Merian, Amadeus' Neffe Daniel Friedrich, die Holzsäge am Kleinbasler Teich. 1898 wurde die Meriansche Liegenschaft mitsamt dem Recht zu zwei Rädern im Teich im Hinblick auf die Korrektion des Sägergässleins durch den Staat gegen eine Entschädigung von Fr. 110'650,- expropriert und zehn Jahre später abgebrochen.