Kaufhaus am Barfüsserplatz

Die Barfüsserkirche wird auf dem Löffelplan als Kaufhaus bezeichnet; die Liegenschaft am Steinenberg 10 beherbergte die Verwaltung. Auch gut erkennbar sind die drei Tore gegen den Barfüsserplatz sowie den offenen Ladeplatz zwischen Kirchenbau und Steinenberg.

Das Kaufhaus war seit Jahrhunderten der Ort, wo weitaus die meisten nach Basel bestimmten oder auch hier nur durchgehenden Waren unter amtlicher Obhut gelagert werden mussten. Neben den Ein- und Durchfuhrzöllen, welche die Stadt dort von ihnen erhob, bezog sie für die Lagerung als Eigentümerin der Einrichtung weitere Gebühren. Bis 1846 hatte das im Mittelalter erbaute Kaufhaus zwischen der Freien Strasse und Gerbergasse gestanden, an der Stelle des jetzigen Postgebäudes. Noch heute ist von der Freien Strasse aus im Hof ein Tor dieses Hauses deutlich zu sehen, ein herrliches Denkmal spätgotischer Baukunst.

Nachdem das Gebäude für den stets anwachsenden Verkehr viel zu klein geworden und gleichzeitig durch die Verlegung des alten Spitals in den Markgräfischen Palast an der Hebelstrasse das ehemalige Barfüsserkloster frei geworden war, überliess die Stadt das alte Kaufhaus dem Staat, und dieser baute es zum Postgebäude um. Sie selbst aber erstellte auf dem Boden des alten Barfüsserklosters durch den Architekten Christoph Riggenbach, den späteren Erbauer der Elisabethenkirche, ein neues Kaufhaus. Dazu mussten die alten Häuser und die letzten Teile der Stadtmauer am Steinenberg abgerissen werden. Die Barfüsserkirche sollte als Lagerhaus für das neue Kaufhaus dienen und wurde entsprechend umgebaut; dabei wurden Wandmalereien aus dem Mittelalter sowie verschiedene Grabmäler zerstört. So auch die Gräber des Mathematikers Jakob Bernoulli und des berühmten Basler Bürgermeisters Johann Rudolf Wettstein. 1843 öffnete man ihre Gräber und verlegte die beiden Herren in den nahe gelegenen Kreuzgang.

Das Kaufhaus am Barfüsserplatz, bestehend aus dem Kirchenbau und dem sehr dominierenden, dreibogigen Eingangsportal, das den Blick freigibt in den Hof des Kaufhauses.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 2-87-1
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

1844 begannen die Bauarbeiten; an den Steinenberg kam der Verwaltungsflügel zu liegen, und zwischen ihn und die Barfüsserkirche baute man den nicht überdachten Ladeplatz hin. Er diente nur dem Warenumschlag, weshalb er nicht überdacht und hofartig angelegt war. Als eigentliches Lager diente wie erwähnt der Kirchenbau; seine Mauer zum Ladeplatz hin wurde mit drei Toren versehen, durch die man die Waren hinein und hinaus brachte. Gegen den Barfüsserplatz hin stand das Hauptportal des Kaufhauses, das aus drei mächtigen Toren im Stil jener Zeit bestand. Es nahm sich in seiner grossen Dimension neben dem alten Gotteshaus freilich recht seltsam aus. Die drei Torbogen versinnbildlichten die drei Länder, die ihre Waren hier rasten liessen.

Im Juni 1846 wurde das neue Kaufhaus bezogen, nachdem der Bau das geplante Budget weit überstiegen hatte. Waren wurden nun ins Kaufhaus gebracht, wo Zwischenhändler sie dann übernahmen und sie an Detailhändler verkauften. Auch die Zollbehörde hatte ihren Sitz im Kaufhaus, wo angelieferte Waren zuerst verzollt werden mussten.

Das überraschende Ende des Kaufhauses

Hofseite des Kaufhauses. Rechterhand die Rückfassade des Verwaltungsgebäudes am Steinenberg.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 2-90-2
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Die neuen Verkehrsverhältnisse, die unter anderem durch den Eisenbahnbetrieb entstanden, schienen vorerst dem Kaufhaus wenig anhaben zu können. Erst als mit dem 1. Februar 1850 die Eidgenossenschaft die Erhebung der Zölle in ihre Hand genommen und an die Grenze verlegt hatte, drohte ihm eine erste Gefahr. Denn nun wurden die auf Pferdefuhrwerken nach Basel kommenden Waren dort draussen und nicht mehr im Kaufhaus verzollt. Ein Zwang, sie an den Lagerplatz in der Stadt zu verbringen, konnte deshalb nicht mehr ausgeübt werden. Allein durch eine bedeutende Herabsetzung der Lagergebühren gelang es, zunächst noch einer Verödung des Kaufhauses vorzubeugen. Und ferner verblieben ihm die Waren, die mit der Bahn immer reichlicher herbeiströmten und nach wie vor alle gezwungen waren, ihren Weg durch das Kaufhaus zu nehmen und dort ihre Gebühren zu bezahlen. Denn nach einem Vertrag der Stadt mit den Bahngesellschaften brachte die Bestätterei (= Rollfuhrunternehmen/Speditionsbetrieb) des Kaufhauses sie alle dorthin. Die eidgenössische Zollverwaltung, die dann dort ihres Amtes waltete, trug zu den ansehnlichen Einnahmen nicht wenig bei durch die Mietzinse, die sie für die von ihr im Kaufhaus benötigten Räumlichkeiten erlegte. Das dauerte, solange die Schweizer- und Elsässerbahn in Basel nur Kopfbahnhöfe besassen und nicht durch einen Schienenstrang verbunden waren. Sowie jedoch im Jahr 1860 diese Verbindung im neuen Centralbahnhof hergestellt war, verlegte die Eidgenossenschaft die Zollabfertigung zu den Bahnhöfen und der Kaufhauszwang nahm auch für die Bahnwaren ein Ende. Damit war auch die Blüte des städtischen Kaufhauses vorbei, die nur durch diesen Zwang bei den gänzlich veränderten Verkehrsverhältnissen noch so lange künstlich erhalten worden war.

Von 1861 an arbeitete die Anstalt ständig mit Verlust, schon 1862 fasste man ihre Aufhebung ins Auge, und 1865 trat sie dann wirklich ein. Das Kaufhausgebäude am Barfüsserplatz fristete hierauf noch ein Jahrzehnt ein kümmerliches Leben, indem seine Räumlichkeiten an eine Unmenge von Handelsleuten als Schreibstuben, Lagerplätze und ähnliches vermietet wurden, bis schliesslich an seiner Stelle der Musiksaal entstand, der im Dezember 1876 feierlich eröffnet wurde. Nur die Kaufhausgasse erinnert heute an das neue Kaufhaus.

Die kurze Geschichte des Kaufhauses am Barfüsserplatz zeigt sinnbildlich, wie sehr die Basler Bevölkerung in der Mitter des 19. Jahrhunderts von der Zunahme des Verkehrs, der Technik und der Zuwanderung überrascht wurde. Keiner hatte erahnt, was folgen würde, und niemand war weitsichtig genug, über das Gewohnte hinauszuschauen und entsprechende Massnahmen zu treffen. Das Kaufhaus am Barfüsserplatz teilte das Schicksal der vor den französischen Bahnhof hingebauten Teil der Stadtbefestigung: Sie waren beide kaum errichtet, da wurden sie schon wieder beseitigt. 

Quellen: