Segerhof am Blumenrain

Der Segerhof am Blumenrain 19; auf dem Löffelplan wird ersichtlich, wie gross das Palais tatsächlich war. Als Vergleich: Am oberen Bildrand befindet sich der noch existierende Seidenhof.

Der Segerhof befand sich an der Einmündung der Petersgasse in den Blumenrain. Zisterzienser aus dem Kloster St. Urban erwarben im 13. Jahrhundert an eben jener Stelle eine Liegenschaft, die sie durch den Ankauf von Nachbarhäusern vergrösserten. Auf diesem Grundstück gründeten sie in der Folge ein Tochterkloster. Die Patres verkauften 1569 das stattliche zweigeschossige Haus mit Treppenturm und das grosse, von einer hohen Mauer umgebene Eckhaus gegenüber dem St. Urbanbrunnen an Azimus Hertzog und dessen Frau Crischona Wentz für 1000 Gulden.

Die symmetrische, siebenachsige Fassade des Segerhofs bestach durch ihre Schlichtheit und den Fokus auf das wuchtige Mittelportal. Im Eckzimmer rechts im 1. OG nächtigte Zar Alexander während seines Aufenthalts in Basel. Rechts die Petersgasse, links der kleine Segerhof.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG A 3531
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

1787 musste Hieronymus de Larechal, letzter Besitzer des alten Segerhofs, das Haus der Stadt gegen eine ordentliche Entschädigung abtreten, damit der Blumenrain verbreitert werden konnte. Christoph Burckhardt sicherte sich das dem Abbruch geweihte Gebäude (samt der benachbarten Lämmlinschen Behausung, Nr. 15): "Am Morgen des 2. Februar 1788 war grosses Leben in der engen und steilen Blumengasse. Kaum war der Tag angebrochen, als der Maurermeister und Ratsherr Lukas Pack mit einer Anzahl Maurer und Tagelöhner heranrückte, um den Abbruch des weit in die Strasse vorstehenden grossen Gebäudes, das den Namen Seger- oder Seebacherhof trug und die Ecke zur Petersgasse bildete, in Angriff zu nehmen. Leitern wurden herbeigebracht und an das Haus gestellt, bedächtig stiegen die Gesellen empor und fingen an, das Dach abzudecken und blosszulegen. Drüben beim Sankt Urbanbrunnen schauten der Baumeister Pack und der Bauherr Christoph Burckhardt, Handelsmann und Gerichtsbeisitzer, dem emsigen Treiben zu. Dann und wann trat auch seine liebe Ehehälfte, Frau Dorothea Merian, herzu und betrachtete das Kommende und Werdende, während zwei junge Burschen, beide im Alter von 16 Jahren, frohgemut über den Fall der alten Barracke, wie sie es nannten, die Eltern umgaben. Das Haus war aber nach allen Berichten keineswegs eine Barracke, sondern eine recht ansehnliche stattliche Besitzung. Tag für Tag stand Herr Burckhardt fortan vor dem Haus und sah, wie die Ziegel fielen, die Balken und das uralte Mauerwerk zusammenstürzten und sich eine leichte Staubschicht über die benachbarten Gassen verteilte. Im April wurde der Grundstein zu einem Gebäude gelegt, das Herr Burckhardt für seine auf sieben Personen herangewachsene Familie herstellen liess: den Segerhof."

Der von Flügelbauten umschlossene Hof des Segerhofs, Blick Richtung Petersgasse. Im 1. OG über der geschlossenen Tür befand sich die Küche..
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG A 3534
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

In Burckhardts Auftrag baute der bekannte Architekt Samuel Werenfels das dreigeschossige Palais; er hielt sich aber nicht an die grosszügige Bauweise der 20 Jahre zuvor von ihm erbauten Sarasinschen Häuser am Rheinsprung wie das Weisse oder Blaue Haus, sondern entschied sich für eine Fassade, die, kennzeichnend für das Spätwerk von Werenfels, von bewusster Schlichtheit und symmetrisch in sieben Achsen gegliedert war, ergänzt durch zwei Achsen links (der sogenannte kleine Segerhof, der als Dienst- und Wirtschaftstrakt fungierte). Der gestalterische Aufwand konzentrierte sich auf das monumentale Mittelportal. Im Inneren fehlte es an prächtigen Stuckdecken, dafür gehörte die übrige Ausstattung des Hauses zu den anspruchsvollsten der Zeit: Kachelöfen, Tapisserien, englische Papiertapeten, Täferungen, geschnitzte und gemalte Supraporten, wertvolle Möbel, Teppiche und Gemälde. Zum Richtfest wurden 25 Gesellen zu einem rauschenden Festmahl ins Schützenhaus eingeladen. Im Juni 1791 bezog Burckhardt mit seiner Familie - der schönen Dorothea (geb. Merian) und den fünf Söhnen - den neuen Segerhof.

Das Musikzimmer im Segerhof mit einer damaligen englischen "Fototapete".
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG A 3745
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Im Erdgeschoss des Segerhofs betrieb Christoph Burckhardt mit seinen Söhnen eine stark florierende Baumwoll- und Manufakturwarenhandlung, die durch gute persönliche Beziehungen in grossen Teilen Europas bekannt war. 1806 erliess Napoleon das berüchtigte Einfuhrverbot für englische Waren nach Frankreich. Um dieses Verdikt zu umgehen, schaffte die Firma Burckhardt ganze Wagenladungen englischer Baumwolle ins preussische Neuchâtel, das französisch werden sollte. Der Clou wurde jedoch durchschaut, und Burckhardt erhielt eine Gefängnisstrafe.

Der sogenannte "Graue Saal" des Segerhofs ist heute im Museum Kirschgarten zu besichtigen. Quelle: bajour.ch

Der Durchmarsch der Alliierten brachte am 13. Januar 1814 dem Segerhof höchsten Besuch und Ruhm: Kaiser Alexander von Russland und seinen Bruder. Hinzu bezogen noch viele Gesandte, Beamte, Kuriere, Bedienstete und Köche bei Burckhardts Quartier. Der Hausherrin schenkte der Zar zum Abschied einen von Diamanten gefassten Topas.

Über 130 Jahre war der Segerhof im Besitz der Familie Burckhardt, dann fiel er 1923 in den Besitz des Kantons Basel-Stadt. Dem Wunsch der letzten Besitzerin entsprechend, wurde das in einfachen Formen gehaltene, ungewöhnlich reich möblierte Gebäude administrativ dem Historischen Museum angegliedert, das darin die Musikinstrumenten-Sammlung unterbrachte. Aber nur für kurze Zeit durfte der Segerhof seine Schätze der Öffentlichkeit zeigen, denn schon 1935 musste er der Korrektion des Blumenrains geopfert werden.