Haus zur Kapelle

Das Haus zur Kapelle auf dem Löffelplan.

Das dreigeschossige Haus steht an der Einmündung der Augstinergasse in den Münsterplatz. Seine Fassade folgt dem Strassenverlauf mit einem Knick in der Baulinie und einem Vorsprung in der Flucht des klassizistischen Eckhauses zur St. Johann Kapelle. Bis ins 19. Jahrhundert hinein hiess das heutige Haus Münsterplatz 1 „Quotidianshaus“, und wie viele Gebäude auf Burg gehörte es zum Bereich des Domstifts. Den Namen erhielt es, weil es wohl schon Ende des 13. Jahrhunderts als Sitz der Quotidian diente, die durch den 1296 verstorbenen Bischof Peter Rich ins Leben gerufen wurde. Die Quotidian war das „Amt der teglichen Ussteilung“, das Domherren und Domkapläne zur regelmässigen Erfüllung ihrer Pflichten ermuntern sollte.

Im Mittelalter erstreckte sich die romanische Johanneskirche bis auf den südlichen Teil des Grundstücks. Ihre nordwestliche Ecke zeichnet sich noch heute im markanten Fassadenvorsprung des Hauses ab. Nördlich der Kirche lag ein Friedhof. 1331 wurde das ehemalige Friedhofsareal zwischen der Johanneskirche und dem Anwesen des bischöflichen Schaffners Rudolf von Bern an der Augustinergasse 19 auf Anordnung des bischöflichen Vikars in zwei schmale Parzellen geteilt. Ein Priester namens Peter, Vorsteher der Kirche in Oberwil, erhielt das bereits bestehende Haus auf dem nördlichen Grundstück, während das unmittelbar an die Johanneskirche grenzende Gelände dem Priester Heinrich von Sigmaringen mit der Auflage zugewiesen wurde, darauf bis zur Wand des Sakralbaus ein Haus zu errichten. Dieses später als „Stifts Hus“ bezeichnete Gebäude war noch nicht vollendet, als Heinrich 1339 starb. Polygonale Stützen, die sich in Keller und Erdgeschoss des heutigen Hauses erhalten haben, sind 1344 bestimmbar.

In der rechten Bildhälfte das Haus Zur Kapelle (Rittergasse 1). Schön zu sehen ist der Fassadenvorsprung.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, NEG A 8729
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Beim Erdbeben von 1356 trug die benachbarte romanische Johanneskirche gravierende Schäden davon. 1386 wurde ein um 3,5m schmalerer Sakralbau in den Dimensionen einer Kapelle mit vier Spitzbogenfenstern erstellt, der vom nördlich benachbarten Stiftshaus abgerückt war. Nach der Reformation blieb das Stiftshaus im Besitz des Domstifts, was sich in den Bezeichnungen „Thumstifft Hauss“ und „Schaffneyhaus“ zeigt. 1562 erhielt es einen neuen Dachstuhl. 1607 bewohnte der Domstiftschaffner Heinrich Iselin das Anwesen.

Durch den Einbezug des Areals zwischen der älteren und der jüngeren Kapellen-Langhauswand wurde das Haus nach Süden erweitert. Aus dem Fälldatum der verbauten Hölzer lässt sich ermitteln, dass spätestens 1546 das Erdgeschoss des südlichen Hausteils genutzt wurde. Kurz nach 1717 erhielt auch dieser seine heutige Höhe. Das auffälligste Element an seiner Fassade war ein Erker im ersten Stock, der auf einer Zeichnung von Emanuel Büchel 1764 festgehalten ist.

Im Jahr 1806 wurde das Anwesen als bischöfliche Liegenschaft versteigert, weil das Domstift gezwungen war, das einstige Quotidianhaus aufzugeben. Es fiel dem Eisenhändler Rudolf Paravicini zu, der es baulich veränderte. Zu den Renovationen gehörten wahrscheinlich die Neugestaltung der Fassade einschliesslich der Entfernung des Erkers sowie im Inneren der Einbau der geräumigen halbrunden Treppe an der südlichen Brandmauer. Er verkaufte das Haus bereits 1811 wieder; es ging an den Handelsmann und Gerichtsherrn Benedict Werthemann-Burckhardt, und 1820 erwarb die Witwe Susanna Bischoff-De Bary das Haus. Der langjährigen Besitzerin gelang es 1843, die Parzelle gegen die Rheinhalde durch Zukauf eines Anteils an Laube, Holzhaus, Keller und Halde der Liegenschaft „Auf Burg“ (Nr. 5) zu arrondieren. Auf der Front gegen den Strom grenzen die Terrassen der „Kapelle“ und des Hauses „Auf Burg“ unmittelbar aneinander, und unvergleichlich ist der Blick von hier, hoch über dem Rhein, hinüber ins Kleinbasel und auf die blauen Berge des Markgrafenlandes. Auf dem hinzugewonnenen Terrain liess ihre Tochter Louise Bischoff 1861 von Architekt Christoph Riggenbach eine Terrasse entwerfen. 1864 finden erstmals ein nicht näher definiertes „Peristyl“ sowie ein einstöckiges, mit Asphalt gedecktes Holzhaus Erwähnung. Ungeklärt ist der Anteil der Architekten Christoph Riggenbach und Johann Jakob Stehlin d.J. an der spätestens 1864 vollendeten reizvollen Laube.

1936 mietete die kantonale Verwaltung das Haus und nahm bauliche Veränderungen vor. 1948 verkaufte es die Witwe Elisabeth Welti-Schneider dem Kanton. Die staatliche Verwaltung nutzte das Gebäude bis 2001, als es zusammen mit dem Nachbarhaus einem privaten Investor überlassen wurde, der es für gehobene Wohnansprüche ausbauen und die rheinseitige Laube unterkellern liess. Im Erdgeschoss des nördlichen Hausteils wurden Zwischenwände entfernt und eine grosse Halle geschaffen. Baugeschichtliche Untersuchungen führten in diesem Raum zur Entdeckung gut erhaltener Wandmalereien, die von der ehemals dekorativen Ausstattung zeugen.