Augustinerkloster

An der von Ministerialen, Domgeistlichen, Gelehrten und kirchlichen Beamten bewohnten Spiegelgasse, die sich vom Münster zur Martinskirche zog, lag das Kloster mit der "langen, schweigsamen Front" der Augustiner-Eremiten. Die betont zurückhaltend und abgeschlossen lebenden Bettelmönche hatten sich 1276 in unserer Stadt eingenistet und genossen gleichermassen das Wohlwollen des Bischofs und des Rats wie dasjenige der Bürgerschaft.

Augustinerkloster
Das Augustinerkloster kurz vor seinem grossen Abbruch. Reproduktion eines Aquarells von Neustück 1843.
Quelle: Wikimedia Commons
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Mittelpunkt des umfangreichen Gebäudekomplexes ist die lang gestreckte, rund 10 Meter breite einschiffige Klosterkirche mit dazugehörigem Kreuzgang und Garten. Ihr bleiernes Dach mit dem "Glogghus" brachte 1460 ein Blitz zum Schmelzen. Lettner und Chorgestühl erhielt der mit einem Hauptaltar und sechs Seitenaltaren ausgestattete sakrale Raum erst nach dem Erweiterungsbau von 1340. Das mit seinem holzverkleideten Intérieur eine warme Geborgenheit ausstrahlende Gotteshaus rief an Feiertagen und zur Totenklage die Bruderschaft der Schneidergesellen, denen beim Begräbnis das Privileg eines von fünf Augustinern mit vorgetragenem Kreuz gebildeten öffentlichen Trauergeleits zustand, und die Angehörigen der Lukasbruderschaft der Maler-, Glaser- und Goldschmiedegesellen zur besinnlichen Einkehr. Der Kirchenschatz war sehr reich dotiert, aber nur wenige Stücke, wie die "40 Häupter der 11'000 Jungfrauen" und die in einem Kännlein verwahrten Barthaare des heiligen Thomas, waren von aussergewöhnlichem Wert. Von erhabener Schönheit war das in der Nähe des Refektoriums angebrachte Wandgemälde der Kreuzigung aus dem Jahre 1456. Unter den Augen des heiligen Augustinus, einer aus dem 16. Jahrhundert stammenden, heute im Historischen Museum befindlichen Steinstatue, perlte aus dem Brunnstock beim Treppenaufgang im Ostflügel quellfrisches Wasser in einen rechteckigen Steintrog.

Als Gründer des geistlichen Hauses wurde der Basler Rat bezeichnet, der die Konventualen wiederholt mit Baumaterialien, Einrichtungsgegenständen, Messgewändern und Wein zum Augustinustag beschenkte. Auch ermöglichte die Obrigkeit den Wiederaufbau des vom grossen Erdbeben zerstörten Klosters der Augustiner, die 1290 der Geistlichkeit zu St. Martin eine jährliche Entschädigung von 15 Pfund zugestanden hatten, weil dieser durch ihren Zuzug Mindereinnahmen an Opfern erwachsen waren.

Bis zum Bezug des neuen Rathauses 1521 versammelte sich der Grosse Rat zu seinen Sitzungen im Augustinerkloster, wo er 1409 dem alten und dem neuen Rat das Versprechen abgenommen hatte, das eroberte Schloss Istein immerfort in Besitz zu behalten. Auch für die am Schwörtag stattfindende Ratswahl, für die Verhandlungen des Konzils und für die Besprechung mit den Vertretern des Dauphins nach der Schlacht von St. Jakob stellten die Mönche ihre schönen Räume zur Verfügung.

Augustinerkloster
Der Hof des Oberen Kollegiums. Links die umgebaute Kirche des Augustinerklosters, im Hintergrund der alte Klostertrakt an der Augustinergasse und rechts das Erasmianum mit den Stübchen für die Alumnen. Aquarell von Constantin Guise, 1830er Jahre.
Bild: © Staatsarchiv Basel-Stadt, AL 45, 9-5-2
Quelle: Staatsarchiv Basel-Stadt

Mit der Reformation versiegte der Quell fruchtbaren geistigen Lebens an der Spiegelgasse, die seit jenem Jahrhundert Augustinergasse genannt wurde. Am 16. Januar 1528 streiften Prior Nicolaus und dessen fünf letzte Mitbrüder ihre schwarze Kutte mit der langen, spitzen Kapuze ab und übergaben die Rechte für das gesamte Besitztum des Augustinerkonvents der Stadt. Bürgermeister und Rat setzten zur getreuen Verwaltung des Klosterguts, das inventarisiert wurde, gleich einen Schaffner ein. Und "uff fritag vor Nicolay anno 1529 fieng man zu den Augustineren zu dem ersten mal an, die ornatten und kirchenzierd verkouffen, welliches darnach in allen kilchen beschach". Während ein Teil der Gebäulichkeiten zu einer Fruchtschütte hergerichtet wurde, erfuhr die Klosterkirche nach 1532 für die wieder eröffnete Universität am Rheinsprung den Einbau von 5 Stockwerken. Dann wurde auch das "Erasmianum", das Studentenheim im Predigerkloster, in das so genannte obere Collegium verlegt und dem Haus wieder zu jener heimeligen Atmosphäre verholfen, von der die Klostergeschichte im Jahre 1489 zu erzählen wusste, als Prior Ludwig beim Gang zum mitternächtlichen Mettensingen drei Patres in der Konventstube beim Jassen erwischte. Neben der Studentenschaft war auch das Ehegericht und das Collegium Musicum am Gastrecht im Augustinerkloster teilhaftig.

1834 wurde der Umbau des Augustinerklosters ins Auge gefasst, um Platz für die Sammlungen der Universität zu schaffen. Doch wurde dann eine Plankonkurrenz für einen Museumsbau ausgeschrieben. Als Sieger ging Melchior Berri aus dem Wettbewerb hervor, der für seine beachtliche Leistung mit dem Titel eines Ehrendoktors ausgezeichnet wurde. Nach fünfjähriger Bauzeit stand das für die Aufnahme der Kunstsammlung, der Bibliothek und der naturhistorischen Sammlung bestimmte Museum an der Augustinergasse zur glanzvollen Einweihung am 26. November 1849 bereit. In die Baukosten von Fr. 302'000,- teilten sich u.a. der Staat, die Stadtgemeinde, die Universität und die Freunde der Wissenschaft. "Dass eine Stadt wie Basel ein eigenes, grossartiges Museum errichte, stand zu jener Zeit in unserm Vaterland einzig da!"